Abriss

Weil ohnehin fast alles kaputt war, schien es nach dem Krieg auf den Rest auch nicht mehr anzukommen. Nicht nur Braunschweigs Sozialdemokraten wünschten sich eine moderne Großstadt mit großzügiger Verkehrsführung.
Die Auseinandersetzung um den Schlossabriss aber wurden zur Machtprobe mit Teilen des Braunschweiger rechtskonservativen Bürgertums, insbesondere den selbsternannten „Heimatfreunden“, die jemand mal scherzhaft als „Casa nostra“-Fraktion bezeichnet hat. Diese behaupteten, "alles was Braunschweig heißt", würde von „heimatfremden Kräften“ (sprich den „vaterlandslosen Gesellen“ von der SPD) „in Grund und Boden gerammelt“. Jene Kreise hielten unbeirrt an einem „heilen“ Braunschweig-Bild fest, so als habe es die NS-Zeit nie gegeben. Leute, die das anders sahen, wurden als Nestbeschmutzer diffamiert oder vornehm totgeschwiegen.


Dass die Braunschweiger Sozialdemokraten 1960 mit dem Schloss auch einen Teil ihrer eigenen Geschichte entsorgt hatten, fiel einem ehemaligen Braunschweiger auf, der in der DDR lebte. Nach einem Braunschweig-Besuch 1960 schrieb er:

„Auch die Ruine des ehemaligen Residenzschlosses, das nicht nur ein Denkmal monarchistischer Vergangenheit war, sondern ebenso zur Geschichte der Novemberreolution gehörte, ist nun endgültig beseitigt worden. Die letzten monarchistischen Überreste versuchten Widerstand zu üben – umsonst.“

Ob er mit „Überresten“ Steine oder Personen bezeichnen wollte, muss offen bleiben.

Die 1965 fertig gestellte Stadthalle (unten) auf dem ehemaligen Leonhardplatz; der 1960 gebaute Hauptbahnhof (oben links) und der Hotelkomplex (oben rechts) am neuen Berliner Platz. Das Parkgelände Viewegs Garten (Mitte) wurde durch den Bau der Kurt-Schumacher-Straße und des Anschlussstücks Altewiekring auf ein schmales Dreieck reduziert worden.

Die Entscheidung der SPD-Stadtratsmehrheit, das Schloss nicht zu restaurieren und für kulturelle Zwecke zu nutzen, sondern abzureißen, war verbunden mit der Planung, in der Nähe des neuen Hauptbahnhofes eine moderne Mehrzweckhalle zu errichten. Die Stadthalle, die sogleich den Spitznamen Fuchsbauerhielt (nach der damaligen Oberbürgermeisterin Martha Fuchs), ist zwar nicht sonderlich schön, hat aber eine gute Akkustik und ist weitaus nicht so aufgeblasen wie die VW-Halle, die nun, ein paar Jahre nach ihrer hastiger Errichtung, schon wieder saniert werden muss.